Zwei Herzen im ¾ Takt - der Wiener Walzer

Er ist unmoralisch, dass die Fußknöchel der Dame beim beschwingten Tanz zu sehen sind und die Paare unanständig eng miteinander tanzen. Sein rasches Tempo führt zur Überhitzung und damit zu Krankheit, fordert vielleicht sogar den frühen Tod des Tänzers heraus.

Bereits um 1770 entstanden, sagte man das lange Zeit dem Wiener Walzer nach, der sich erst zur Zeit des Wiener Kongresses der breiten Akzeptanz und großer Beliebtheit erfreute.

Woher der Walzer stammt, ist umstritten. Es häufen sich jedoch die Angaben, dass er aus dem paarweise getanzten Dreher oder Ländler hervorging, der in den Alpenländern bereits seit dem 12. Jahrhundert als Werbe-Drehtanz bekannt war.

Während man sich beim gewöhnlichen Walzertakt relativ gemütlich beim Tanz dreht, so setzt der Wiener Walzer noch einen drauf und wird mit "wilder Raschheit" getanzt. ;-)

Der Wiener Walzer als Gesellschafttanz spielte aber praktisch nur im deutschsprachigen Raum eine wichtige Rolle. Im Regency England z.B. blieben die ländlichen Tänze der Quadrille, des Cotillions und des schottischen Reel ungehindert populär.

Anders am preußischen Hof, dort wurde der Walzer zwar 1794 eingeführt, aber auch schon ziemlich bald wieder von Königin Luise von Preußen verboten. Das Verbot galt in Berlin übrigens bis 1918.

Bereits vor der Zeit des Wiener Kongress entstanden in Wien eine Reihe lebhafte Ball- und Redoutenveranstaltungen (Redoute, historisch für Kostümball). Wobei der Wiener Walzer langsam an Beliebtheit gewann und salonfähig wurde, Standard aber immer noch das Menuett war.

Das nicht ganz offizielle Motto „Der Kongress tagt nicht, er tanzt“ war 1814/15 der Durchbruch für den Wiener Walzer. Auguste Graf de La Garde berichtete in seine Aufzeichnungen zum Wiener Kongress, dass der „Wiener Walzer“ das Lebensgefühl zu dieser Zeit in Wien darstellt. Er sprach von einem elektrischen Gefühl und einem Wonneschauer, der die Tanzenden erfasst; sobald Walzerklänge zu hören sind.

Victor Léon und Leo Stein haben es dann später in ihrer Operette als „Wiener Blut“ bezeichnet. Da diese Musik dem Wiener im Blut liegt, sie es sobald die ersten Töne zu hören sind, ganz kribbelig macht und es nicht erwarten können, sich im Takt der Musik zu drehen.

 

Quellennachweis

(Text: AS)

Text: * La Garde, Auguste Graf de: Gemälde des Wiener Kongresses [Congresses] 1814-1815: Erinnerungen, Feste, Sittenschilderungen, Anekdoten. Graf de LaGarde. Mit e. Vorw. u. zahlr. Anm. neu hrsg. von Gustav Gugitz 2 Bde.
München : G. Müller, 1912. Mit Abb. , 8