Rezensionen

Skiddos Bewertung 02 05 Sterne.png

Die Geschichte spielt Ende des 18ten, Anfang des 19ten Jahrhunderts auf der Seychellen-Insel Mahé, in Rückblenden auch in England und auf hoher See. Die Hauptprotagonisten sind die junge Schwarze Noelle und der Schiffsarzt Thierry Carnot/Seth Morgan.

Noelle ist die französische Sklavin "mit zu viel Milch", die auf der Insel bei Monsieur und Madame Hodoul lebt, ihnen überwiegend als Köchin dient und auch als Heilerin im Hospital aushilft. Von den anderen Sklaven kritisch beäugt wegen ihrer vielen Freiheiten und ihrer helleren Haut, von den Herrschaften ambivalent behandelt, träumt sie zwar von wahrer Freiheit, hat aber gleichzeitig Angst davor. Die Herrschaften meinen es doch nur gut und haben ihr nie ein Haar gekrümmt, schließlich ergeht es da anderen Sklaven mit ihren Herren ganz anders.

Seth Morgan fällt in sehr jungen Jahren einer Presser-Bande in die Hände und wird von seinem damaligen Lehrherren, einem (Blasen-)Steinschneider, verraten, sodass er gegen seinen Willen und viel zu jung als Kanonenjunge auf See dienen muss und sich langsam hocharbeitet zum Schiffsarzt. Durch das Schicksal landete er, der kleine Londoner, irgendwann auf einem französischen Schiff und mittels einer List schafft er es, sich als Franzose auszugeben. Er erlernt die Sprache so perfekt, dass in den weiteren Jahren niemand Verdacht schöpft und er als der Schiffsarzt Thierry Carnot unerkannt unter "Feinden" leben kann. Ewige Angst hat ihn fest im Griff, dass er sich verraten könnte oder dass er von den Engländern gefunden und als Deserteur oder schlimmeres verurteilt werden könnte.

Frankreich und England leben im Krieg und während in England die Sklaverei aufgegeben wurde, halten die Franzosen noch an ihr fest, besonders auf Mahè, wo die Protagonisten aufeinander treffen. Schnell fühlen sie sich zueinander hingezogen, doch eingestehen wollen sie es sich nicht. Das zieht sich fast bis ans Ende des Buches, was mich enorm gestört hat.
Es werden detailliert die Beziehungen und die Eigenarten der Bewohner der Insel beschrieben und nichts ist, wie es auf den ersten und auch zweiten Blick zu sein scheint. Trotzdem hat es mir die Bewohner nicht nahe gebracht. Noelle lebt wie in einem goldenen Käfig und war mir leider zu eindimensional. Sie ist eine sehr mutige Person, scheint auch sehr in sich zu ruhen, und doch hat sie mich gar nicht berührt. Sie nimmt halt alles so hin, wünscht sich die Freiheit, hat aber auch Angst davor und redet sich die Sklaverei schön. So wurde sie erzogen und geprägt und sie hinterfragt auch nicht viel. Natürlich ist es unschön Sklave zu sein, keine wirklichen Rechte zu haben, aber selbstbestimmt leben? Wozu? Sie hat doch alles - redet sie sich ein. Dass bei Disputen und Intrigen automatisch den Worten Weißer geglaubt wird stört sie zwar, aber aufbegehren? Sie ist korrumpiert durch die Freiheiten, die ihr bis zu einem gewissen Grad erlaubt werden.

Seth legt mit seiner Mannschaft auf der Insel an und ist sofort als Arzt heiß begehrt. Es gibt zwar einen Inselarzt, aber der ist gemein, griesgrämig und durchgängig betrunken. Das ist auch der Grund, warum sich Noelle auf das Schiff traut und ihn um Hilfe bittet. Sein Ruf als versierter Steinschneider erregt zusätzlich die Aufmerksamkeit des Herrschers der Insel, des Gouverneurs Quinssy, welcher unter dem verbreiteten Problem der Blasensteine leidet. Seth wird umschmeichelt und umgarnt, um den Arzt Poupinel dauerhaft zu ersetzen, was dieser natürlich mitbekommt und sich gekränkt und rachsüchtig zurückzieht.

Es werden Intrigen gesponnen, um beiden das Leben schwer zu machen.
Die Ungerechtigkeit, wie mit den Sklaven umgegangen wird war für mich teilweise fast nicht aushaltbar. Wie sie bestraft wurden, ihren Worten kein Gehör geschenkt wurde, aber sie trotzdem Schläge bis zur Verstümmelung bekamen - einfach weil ein Weißer gelogen hatte. Wie die Todesstrafe für sie aussah, weil der Gouverneur Angst vor einer Revolte der Sklaven hatte usw.
Dieses bedrückende Gefühl und diese Hoffnungslosigkeit zog sich durch das gesamte Buch. Mein Lesegenuss hat darunter arg gelitten. Da Noelle und Seth sich erst zum Ende des Buches endlich kriegten, gab es auch wenig Positives, was dem entgegenstand. Natürlich wird die Insel und die Nebeninseln schön beschrieben, der Seychellennuss ist ein kleines literarisches Denkmal gesetzt im Buch und es ist fast schon lustig zu lesen, wie die Franzosen den Engländern immer wieder Honig um den Bart schmierten, um diese endlich wieder loszuwerden und ihr französisches Leben auf der Insel weiter zu leben.

Mein Fazit ist, dass die Geschichte zu viel der Intrigen, des Elends beschreibt, ein wenig noch die Insel und deren Bedeutung im Krieg, aber mir persönlich zu wenig der Liebe der Protagonisten. Auch hier wird Elend und Verzicht verzeichnet, bis knapp vors Ende. Da dann aber hopphopp, um ein offenes Ende zu hinterlassen, das mich wirklich nicht befriedigt hat. Genauso werden die Auflösungen der Machenschaften der weißen Inselbewohner zwar kurz abgehandelt, das aber so abstrus, so herzlos, dass ich enttäuscht war und ich mich fragte, ob das wirklich sein musste. Es ist interessant, zu sehen, wie grausam Menschen zueinander sein können. Nicht nur den Sklaven gegenüber, auch über Schlepper hatte ich vorher noch nichts gehört.

Von mir gibt es leider nur 2,5 von 5 Punkten.