Rezensionen

Tinas Bewertung 04 05 Sterne.png

Das Cover ist ein Blickfang, dessen rote Ahornblätter sich aufwertend auch wie ein ebenso roter Faden durch das Buch ziehen. Der Klappentext verspricht zudem eine spannende Familiengeschichte.

Natasha leidet sehr unter den Streitigkeiten innerhalb der Familie. Vor allem ihre flatterhafte Mutter Miranda, die kaum greifbar zu sein scheint, wenn sie sie braucht, macht ihr das Leben schwer.
Aber mehr noch, die Schmuckdesignerin Natasha hat auch Schwierigkeiten im Geschäft und ihre Ehe hält sie auf Trab. Und als wäre das noch nicht ausreichend, stirbt ihre über alles geliebte Großmutter.
Louise, die Cousine von Miranda, ist hilfsbereit und sie kümmert sich um alles, aber sie versucht auch Einiges unter den Teppich zu kehren, denn die Vergangenheit rund um Summercove und Cecilys Tod, hält alle in ihren Bann.

Die Autorin Harriet Evans schreibt flüssig und absolut mitreißend. Sie versteht es auf sehr gekonnte Art und Weise, den Leser mit Natashas Familie vertraut zu machen und schließlich von den Verwicklungen und Intrigen rund um Summercove zu erzählen. Das alles beschreibt die Autorin in einem flüssigen und angenehm zu lesenden Stil, sie vernachlässigt dabei aber auch nicht, der Geschichte die nötige Tiefe zu verleihen.
Und natürlich hat auch die Liebe in "Das Buch der verborgenen Wünsche" ihren Platz.

Tagebücher haben schon immer einen Reiz auf mich ausgeübt, denn sie sind die besten Freunde für Geheimnisse, Wünsche und Träume, die man nicht jedem anvertrauen möchte. Um so spannender finde ich, ist es dann, wenn einem als Fremder Einblicke in ein solches Tagebuch gewährt wird; und sei es lediglich in ein fiktives, innerhalb einer Romanstory.
Für mich persönlich war es eine Geschichte, die mir bestätigt hat, dass Tagebuch schreiben manchmal hilfreich sein - aber auch andere Menschen sehr verletzen kann, sollte das Geschriebene je "ans Tageslicht" kommen.

Kurz gefasst: Tagebücher beinhalten Geheimnisse, die manchmal lieber unentdeckt bleiben sollten. Eine sehr schöne und nachdenklich machende Geschichte, über die dunklen Schattenseiten von Familien.

Nicoles Bewertung 05 Sterne.png

Als Natashas Großmutter, eine berühmte Künstlerin und Ikone ihrer Zeitepoche, und ihr großes Vorbild stirbt, liegt ihr Leben bereits einige Tage zuvor in Scherben, da ihr Mann Oli sie mit einer anderen Frau betrog und beide nun überlegen, sich scheiden zu lassen. Zudem läuft es mit Natashas Firma; sie designt und verkauft Schmuck; alles andere als gut. Natasha steht kurz vor dem bankrott und lediglich die Beerdigung ihrer Großmutter in Cornwall, wo diese zusammen mit ihrem indischen Mann lebte, sorgt für etwas, zugegebenermaßen traurige Ablenkung in Natashas Leben.

Aber kaum in Summercove angekommen muss sich Natasha mit ihren Familienmitgliedern abplagen. Alle Verwandten, ihre exzentrische Mutter eingeschlossen, sind gekommen, um Natashas Großmutter die letzte Ehre zu erweisen. Aber wie das nun mal so in Großfamilien ist, sind sich nicht alle grün. Nach dem verhängnisvollen Sommer im Jahre 1963, in dem Cecily, die Schwester von Natashas Mutter starb, herrscht Uneinigkeit und Hass in der Familie und selbst Natashas Großvater Arvind, ein ehemaliger Gelehrter und Wissenschaftler, vermag es nicht, seine Familie zusammenzuhalten.

Alle sind sich jedoch darüber einig, dass Natasha Cecilys Äußeres geerbt hat und so ist es vielleicht auch kein großes Wunder, als Arvind Natasha einige Seiten von Cecilys Tagebuch, dass sie bis zu ihrem plötzlichen Tod führte, überlässt. Es entführt Natasha in die 60er Jahre und zwischen den Zeilen kann sie herauslesen, dass Cecily eine lebensbejahende und sympathische Persönlichkeit war, die jedoch nicht viel gemeinsam hatte mit ihren beiden anderen Geschwistern, dem Zwillingspaar Archie und Miranda, außer dass sie ebenfalls mit ausländerfeindlichen Bemerkungen in ihrem Leben konfrontiert wurde. Doch Natasha lernt beim Lesen nicht nur ihre Verwandtschaft und ihre rätselhafte Mutter etwas besser kennen, sie kann am Ende auch Lehren für ihr Leben daraus ziehen.

Doch ausgerechnet die letzten Aufzeichnungen vor Cecilys Tod sind verschwunden; dabei hätte Natasha nur zu gern gewusst, was es mit dem Gerücht auf sich hat, Cecily wäre nicht verunglückt sondern von Natashas Mutter Miranda ermordet worden…

Ich kannte bereits das Buch „Das Haus meiner Träume“ von der Autorin, das ich eher durchwachsen fand. Doch da ich eine Schwäche habe für Familienromane, in denen ein großes Geheimnis gelüftet wird, konnte ich dem aktuellen Roman von Harriet Evans, „Das Buch der verborgenen Wünsche“ einfach nicht widerstehen- zudem hat jeder eine zweite Chance verdient.
Und diesmal bin ich sehr froh, dass ich zu diesem Roman gegriffen habe, da er bis jetzt mein persönliches Lesehighlight im Jahre 2013 darstellt. Wieder einmal steht in Harriet Evans Roman eine Großfamilie im Fokus des Geschehens und abermals nimmt sie sich viel Zeit, ihren Lesern die komplizierten Familienbande jedes Einzelnen zu erläutern. Geschah das in „Das Haus meiner Träume“ jedoch auf eine eher zähe Art und Weise, braucht man Ähnliches hier in dieser Hinsicht nicht befürchten.

Auf zwei Zeitebenen treibt die Autorin ihre Geschichte und gleich zwei Handlungsverläufe voran. Im Mittelpunkt des Ganzen steht eigentlich Natasha, die ohne Vater aufwuchs und mit einer recht exzentrischen Mutter geschlagen war. Da Natasha stets eine heile Familie vermisste, fühlte sie sich besonders bei ihren Großeltern in Cornwall wohl und liebte ihre Granny heiß und innig. Doch sämtliche Konflikte, die Natasha in ihrem bisherigen Leben mit ihrer Mutter austragen musste und die dafür sorgten, dass ihre Mutter ihr stets etwas fremd blieb, liegen in der Vergangenheit begraben. So sind Cecilys Tod und eine weitere Sache, auf die ich hier an dieser Stelle nicht näher eingehen möchte um nicht zu viel von der Spannung zu nehmen, tatsächlich die Ursache für alles Leid und für all den Hass innerhalb Natashas Familie.

Besonders spannend sind die Momente, wenn Natasha sich auf Spurensuche innerhalb des Tagebuchs begibt und Stück für Stück herausfindet, wieso ihre Mutter zu dem Menschen geworden ist, der sie ist und auch wie sehr Natashas Harmoniesucht ihrem eigentlichen Werdegang bislang im Wege stand. Natashas Suche nach Wahrheit und Verstehen, hilft der jungen Frau die kurz vor der Scheidung steht, einen Neuanfang zu wagen und dient nicht nur der Selbstfindung allein.

In „Das Buch der verborgenen Träume“ gelingt es der Autorin, sämtliche Haupt und Nebenfiguren sehr facettenreich darzustellen, ihre Schwächen und Stärken aufzudecken und sie gleichzeitig reifen zu lassen (zumindest was Natasha und ihre Mutter angeht). Man bekommt es als Leser mit sehr vielen verschiedenen Charaktertypen zu tun, die allesamt keine seichten, einfach gestrickten Sympathieträger sind, was ihnen aber sehr viel Authentizität verleiht. Dennoch kann man sich der Faszination, die diese Geschichte ausstrahlt, nicht entziehen. Die Autorin spielt dabei nicht nur mit der Neugierde der Leser- man kann auch Natashas innerliche Zerrissenheit sehr gut nachvollziehen und hofft und bangt aus diesem Grund stets mit ihr mit.

Natürlich findet man auch eine kleine Liebesgeschichte in diesem Roman vor, die jedoch nicht mehr als eine nette Fußnote bedeutet und dem Roman am Ende ein Happy End jenseits der Kitschgrenze verleiht. Es ist ein Roman der den Leser schon auf gewisse Art und Weise fordert und kein reiner Unterhaltungsschmöker. Wem jedoch der Sinn nach einer Familiengeschichte steht, die voller Dramatik und atmosphärisch dicht und mit viel Tiefgang erzählt wird, sollte hier unbedingt zugreifen. „Das Buch der verborgenen Wünsche“ gehört zu den Romanen, die den Leser, auch nachdem er die letzte Seite vollendet hat, noch beschäftigen wird.

Kurz gefasst: Ein Familienroman mit viel Tiefgang, voller Dramatik und atmosphärisch dicht erzählt. Unbedingt lesen und nicht verpassen!