Rezensionen

Nicoles Bewertung 04 05 Sterne.png

Nach dem Tod ihres Vaters ist Lady Blanche nun eine sehr reiche und begehrte Erbin und führt ein typisches, gesellschaftliches Leben in London. Blanches beste Freundinnen wollen sie jedoch endlich glücklich verheiratet sehen, weil sie befürchten das Blanche sich im Grunde ihres Herzens einsam fühlen könnte. Was die beiden Freundinnen nicht ahnen, ist, dass sich Blanche seit einem schrecklichen Kindheitserlebnis bei dem ihre Mutter starb, leer fühlt und zu keiner tieferen Gefühlsregung mehr fähig zu sein scheint. Nichts berührt sie- noch nicht einmal um ihren Vater kann sie trauern. Da sie aber auch der Meinung ist, dass eine Ehe durchaus ein vernünftiger Vorschlag von Seiten der beiden ist und sie zudem auch jemanden braucht, der ihr immenses Vermögen richtig verwaltet, beschließt sie aus über 200 Bewerbern um ihre Hand einen auszuwählen. Doch als der Tag der Entscheidung näher rückt, ist Blanche so unsicher wie nie zuvor. Auf einem Ball trifft sie unter anderem, weibliche Familienmitglieder der DeWarennes. Einst war sie mit Tyrell deWarenne verlobt, bis er jedoch seine wahre große Liebe traf und seit dieser Zeit ist sie seiner Familie immer noch in Freundschaft verbunden. (diese Vorgeschichte wird in „Verführt auf dem Maskenball/ Im Rausch der Ballnacht erzählt)
Besonders das Schicksal eines Mannes aus dieser Familie interessiert sie- Rex DeWarenne, ein gefeierter Kriegsheld, der in Abgeschiedenheit auf dem Land in Cornwall lebt und den sie immer schon sehr gerne mochte.

Als Blanche kurze Zeit später in den Unterlagen ihres Vaters eine Besitzurkunde eines Anwesens in Cornwall findet; sieh ahnt ja nicht, dass diese Besitzurkunde ein Fälschung ist, die ihre beste Freundin anfertigte um sie nach Cornwall zu lotsen, beschließt sie für eine Weile dem Rummel um ihrer Person in London zu entfliehen und dorthin zu reisen. Auch Rex DeWarennes Anwesen liegt auf der Strecke und so kehrt Blanche für einen Besuch bei ihm ein. Da sie unangekündigt erscheint, erwischt sie Rex jedoch bei einem Schäferstündchen mit seiner Hausangestellten und will eigentlich sofort weiterreisen, doch Rex, beschämt dass er von Blanche überrascht wurde, bittet sie dennoch, für eine Weile sein Gast zu sein- besonders als er erfährt, zu welchem Anwesen Blanche eigentlich unterwegs ist. Er glaubt an einen Irrtum, denn das besagte Haus ist eine baufällige Ruine.

Obwohl Blanche ebenfalls peinlich berührt ist, nimmt sie Rex Vorschlag an. Während ihres Aufenthaltes lernen sich beide besser kennen. Blanche spürt dabei sehr schnell, dass Rex ein trauriges Geheimnis vor ihr verbirgt, denn er ist verbittert. Aber auch Blanches Aufenthalt auf Rexs Anwesen stellt einen Wendepunkt in ihrem Leben dar, denn plötzlich wird sie in immer wiederkehrenden Schüben von den traumatischen Erlebnissen in ihrer Kindheit heimgesucht, was sie vor die Frage stellt, ob sie langsam aber sicher den Verstand verliert…

Mit „Die Lady auf den Klippen“ erzählt Brenda Joyce nun eine weitere Geschichte rund um die DeWarenne Familiensaga in deren Mittelpunkt Rex deWarenne steht- ein charismatischer aber düsterer Kriegsheld, der während er einst jemandem das Leben rettete, selbst ein halbes Bein verlor. Traurige Ironie des Schicksals war, das ausgerechnet der Mann dem Rex das Leben rettete später Rex große Liebe heiratete und nun der Vater von Rexs Sohn ist; denn Rexs Geliebte war damals bereits heimlich schwanger von ihm. Rex trat auch schon in den Vorgängerbänden in Szene und ich war bereits sehr gespannt auf seine eigene Geschichte, da er nicht nur sympathisch sondern auch weniger dominant als seine Brüder wirkte. Es ist nämlich so eine Sache mit historischen Liebesromanen von Brenda Joyce. Zwar erzählt die Autorin zumeist interessante Geschichten, kreiert jedoch sehr oft Romanhelden die überdominant, herrisch und unsympathisch sind und die man am liebsten erst Mal ordentlich durchschütteln möchte.

Doch meine Befürchtungen lösten sich in Wohlgefallen auf- sicher auch Rex kann seine Herkunft nicht verleugnen; so hat er einen ungezügelten sexuellen Appetit und geht meiner Meinung etwas sorglos mit den Gefühlen seiner Bediensteten um (was jedoch für die Zeitepoche völlig normal war) , doch auch in Momenten wenn er von düsteren Stimmungen heimgesucht wird, reagiert er nicht gemein, grausam oder überaus bestimmend. Kurz ich habe ihn sehr schnell in mein Leserherz geschlossen und fand besonders die Szene, in der Blanche Rex beim Sex mit seiner Angestellten überrascht, amüsant. Gut gefallen hat mir außerdem, dass Blanche nicht überreagiert oder ihm deswegen eine Szene macht, wie so manch andere Liebesromanheldinnen.
Auf den ersten Blick passen Blanche und Rex eigentlich gar nicht zusammen- sie führt ein gesellschaftlich erfolgreiches Leben in London und genießt es auf Bälle zu gehen; dagegen lebt Rex lieber völlig zurückgezogen vom „ton“ in Cornwall und hasst gesellschaftliche Ereignisse. Doch eines verbindet beide. Sowohl Blanche als auch Rex mussten in der Vergangenheit schreckliche Dinge erleben und haben seelische sowie im Falle von Rex auch körperliche Narben davon getragen.

In den USA waren die Kritiken zum 8.Teil der DeWarenne Reihe sehr unterschiedlich und es gab auch sehr viele kritische Rezensenten, die den Roman verrissen haben. Und da zeigt sich wieder, wie unterschiedlich die Geschmäcker sind, denn selbst wenn ich fand, dass Brenda Joyce die traumatischen Erlebnisse ihrer Romanheldin ein wenig zu sehr in epischer Breite ausgewalzt und vor allen zu oft wiederholt hat oder hier und da nicht ganz so glücklich mit dem Schreibstil/der begrenzten Wortwahl der Autorin war (ich fand es befremdlich wie oft Held oder Heldin in Anwesenheit des anderen „aufschrien“, anstatt lieber erschreckt, erstaunt oder überrascht zu reagieren) hat mir der Roman sehr gut gefallen. Ich fand keineswegs dass wir es hier mit einer TSTL-Heldin zu tun haben, sondern konnte gut nachvollziehen wieso Blanche sich von Rex zurückzieht- schließlich war sie völlig überfordert von den traumatischen Erlebnissen und den plötzlichen Gefühlen, die sie nach so langer Zeit der Apathie überwältigen. Auch Rex Dilemma seinen Sohn betreffend und seine tief in sich vergrabenen Gefühle ihm gegenüber gingen ans Herz- zudem fand ich die sich langsam entwickelnde Liebesgeschichte zwischen Rex und Blanche richtig schön, überraschend tiefgründig und romantisch. Stimmungsvoll ist übrigens auch das CORA/Covermotiv.

Ein weiterer Pluspunkt war für mich, dass andere DeWarenne Familienmitglieder und deren Nachwuchs ebenfalls in diesem Band in Erscheinung treten – als Serienfan liebt man solche Cameoauftritte einfach.