Rezensionen

Anke Bewertung 04 Sterne.png

Als Annabel unvermutet über Sebastian Grey stolpert, der auf einer Ballnacht im Garten seines Stelldicheins harrt, wissen beide zunächst nicht, wer sie sind und in welchem fatalen Verhältnis sie zueinander stehen. Denn dann wäre es wohl auch nie zu dem Kuss in der Heide gekommen oder dazu, dass Annabel bald schon daran verzweifelt, Sebastians schrecklichen Onkel heiraten zu müssen, um ihre Familie versorgt zu wissen oder dass der ewige Junggeselle Sebastian, mit einem Male den Wunsch zu Heiraten verspürt.

Ich habe lange überlegt ob ich diesem Buch "nur" 4 Punkte geben soll oder doch lieber mehr. Die Entscheidung war nicht einfach, da ich mich beim Lesen sehr gut amüsiert und unterhalten gefühlt habe und fand, dass die Charaktere äußerst sympathisch waren, was für mich immer sehr wichtige Punkte sind.

Doch hatte die Geschichte etwas "Theatralisches", an sich, was mir manchmal als "ein wenig too much" vorkam.
Vielleicht lag es daran, dass die Autorin ihren Helden zu einem Schauerroman-Autoren gemacht hat und sich dabei einmal so richtig genüsslich in die Materie stürzen konnte. Andererseits hat sie so einen perfekten Rahmen, für einen Helden mit solchen Talenten, geschaffen. Und obwohl ich diese "Theatralik" als Grund für die "nur" 4 Punkte anführe, so hat Julia Quinn, doch auf diese Art und Weise, eine sehr stimmige Geschichte geschaffen.

Sehr gut gefallen hat mir, wie die Autorin mit dem Konflikt ihrer Heldin umgegangen ist, sich zwischen Herz und Verstand entscheiden zu müssen. Ich fand die Entwicklung der Figur wirklich sehr schön beschrieben und es hat mir viel Freude gemacht Annabel dabei zu begleiten.

Und natürlich ist Sebastian wirklich äußert charmant beschrieben und es war einfach ein Vergnügen ihm zuzuhören. Die Autorin hat ihn so gut getroffen und ihm so viel Leben eingehaucht, dass es beinahe ein bisschen so war, als hätte er beim Lesen auch mit mir geflirtet.

Der Grundton der Geschichte ist leicht, locker und humorig. Doch geht ihr auch eine ernstere Seite, mit tieferen Einblicken in Situation und Vergangenheit ihrer Charaktere nicht ab. Sodass das Buch insgesamt sehr harmonisch und ausgeglichen wirkt und damit auch sehr angenehm zu lesen war.

Gefreut habe ich mich auch Harry und Olivia wieder zu treffen, vor allem da sie mir hier nun viel unkonventioneller und interessanter vorkamen, als in ihrer eigenen Geschichte, "Eine Lady kann's nicht lassen" (bzw. "Fenster zum Herzen").

Kurz gefasst: Vielleicht ist es der Künstleraspekt der Geschichte, der ihr eine manchmal eine etwas dick aufgetragene Theatralik beschert, letztendlich ist die Geschichte jedoch in sich in allen Punkten stimmig und besticht mit wundervollen Figuren, Humor und viel Charme.

Nicoles Bewertung 03 05 Sterne.png

Eigentlich sollte sich Annabel glücklich schätzen, denn ihre aristokratischen Großeltern ermöglichen ihr eine Saison in London. Allerdings gibt es auch einen gewaltigen Haken an der Sache. Ihre Großeltern haben sehr schnell einen potentiellen Ehekandidaten für sie ausgesucht, der unpassender nicht sein könnte. Der Earl of Newbury ist bereits im gleichen Alter wie ihre Großeltern und zudem nur aus einem Grund an Annabel interessiert- sie soll ihm als „Zuchtstute“ dienen, denn der Earl braucht händeringend einen Erben und setzt in dieser Hinsicht ganz auf Annabels gebärfreudiges Becken und die Tatsache, dass sie aus einer kinderreichen Familie stammt. Doch Eile tut für den Earl of Newbury Not, denn er hat mit Sebastian Grey einen überaus attraktiven Neffen, der, sollte der Earl keine eigenen Kinder vorweisen können, bei dessen Ableben den Titel und den Besitz erben würde. Eigentlich wäre das eine annehmbare Möglichkeit den Titel in der Familie zu halten, wenn der Earl und Sebastian sich nicht aus tiefster Seele verachten würden.

Und ausgerechnet Sebastian ist es, dem Annabel eines Abends während eines Balles in die Arme läuft, als sie auf der Flucht vor dem grabschigen Earl of Newbury ist. Sebastian hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck bei Annabel, doch als sie einen Tag später erfährt, wer er ist, versucht sie alles Mögliche, um ihm zu verheimlichen, dass sie die Verlobte seines Onkels ist und löst trotzdem einen Skandal aus, der ihren gesellschaftlichen Ruin zur Folge haben könnte. Wird es eine Zukunft für Annabel und Sebastian geben, oder muss Annabel den greisenhaften Earl of Newbury ehelichen?

Der abschließende Band der „Bevelstoke“ Trilogie lässt mich trotz typischer Julia Quinn Zutaten (beschwingter Schreibstil, amüsanter Wortgefechte und einer wunderbaren Liebeserklärung am Ende des Bandes) wieder etwas unschlüssig zurück und ich muss ehrlich sagen, dass ich mich bei der Bewertung etwas schwer tue. Auf der einen Seite steht mit Sebastian und Annabel ein sympathisches Heldenpaar im Mittelpunkt der Story, es gibt eine Schurken (wenn dieser auch eher eine traurige Gestalt ist…), jede Menge an schrulligen Nebenfiguren; zudem bindet die Autorin auch noch mal Harry (der allerdings völlig uninteressant beschrieben wird) und Olivia ins Geschehen mit ein und die typische Leichtigkeit der Quinn Romane ist auch zu spüren. Doch es gibt leider auch einige Minuspunkte, die mir eine bessere Bewertung unmöglich gemacht haben. Mein erster Kritikpunkt gebührt der Handlung selbst. Sicher Liebesehen waren zu der Zeitepoche eher eine Seltenheit in Adelskreisen, (ACHTUNG SPOILER!!!) doch dass die eigene (liebende) Großmutter ihrer Enkelin einen Gatten auswählt, der nicht nur so alt ist wie die Greisin, sondern mit dem sie zudem einst selbst eine Affäre hatte aus der ein Sohn hervorging, war mir dann doch ein wenig zu starker Tobak! Außerdem fand ich die Art wie sich die Großeltern und auch der Earl of Newbury auszudrücken belieben einfach zu gewöhnlich für meinen Geschmack und vor allem für ihre Herkunft und „Kinderstube“ unglaubwürdig.

Annabels ausweglose Lage kann man sehr gut verstehen; sie ist gezwungen eine gute Partie zu machen um ihre Familie ernähren zu können, doch ehrlich gesagt konnte ich nicht nachvollziehen, wieso ihre Großeltern angeblich nicht in der Lage sind, einen besseren Ehemann für sie an Land zu ziehen. Kommen wir zu Sebastian: Fiel er im Vorgängerband „Fenster zum Herzen“ schon allein durch seinen Witz und seinen Esprit auf, kommt man in seiner Geschichte nicht drum herum festzustellen, dass er trotz eines gewissen „tortured Hero“ Aspektes, stets ein wenig blass und schemenhaft beschrieben bleibt. Erschwerend kommt dazu, dass die Autorin den Grund für sein „Problem“ zwar anschneidet- dieses jedoch nur an der Oberfläche behandelt bleibt und irgendwann ganz vernachlässigt wird.

Und für mich der wichtigste Kritikpunkt: es passiert in der ersten Hälfte des Romans fast gar nichts! Man wird Zeuge, wie Annabel in eine ungeliebte Verlobung gedrängt wird, sie lernt Sebastian kennen, beide führen unzählige Gespräche miteinander die zugegebenermaßen stellenweise sehr amüsant sind, treffen sich zu verschiedenen gesellschaftlichen Anlässen und außer dem unvermeidbaren Skandal passiert absolut nichts. So kam bei mir doch ein wenig Langeweile auf und ich musste den Impuls den Roman zur Seite zu legen einige Male sehr unterdrücken. In der zweiten Hälfte des Romans wird es dann etwas besser, doch ehrlich gesagt, fand ich den Auftritt des Earl of Newburys am Ende, dann einfach lächerlich- vor allem fragt man sich ständig, warum nur???

Ich würde diesen abschließenden Teil der Bevelstoke Reihe wirklich nur eingefleischten Julia Quinn Fans und denjenigen Lesern empfehlen, die sich von einer etwas abstrusen Story nicht abschrecken lassen. Wer weniger Probleme damit haben sollte, bekommt zumindest einen leichten historischen Liebesroman serviert, der zwar nicht zu Quinns besten Büchern gehört, aber der dank ihres immer noch außergewöhnlich guten Schreibstils besser ist, als so manch andere Lektüre in diesem Genre. Dennoch für mich kommen sowohl „Fenster zum Herzen“ (2. Teil) als auch „Rendezvous im Hyde Park“ (3. Teil) leider zu keinem Zeitpunkt an den überragenden 1. Teil „Für immer und ewig, Viscount“ heran.