Rezensionen
Kas Bewertung
Schlafraubend und tiefgründig, so möchte ich "MeeresBlau" von Britta Strauss bezeichnen. Beim letzten Buch der Autorin "Nathaniels Seele" , war ich schon der Überzeugung, dass Britta Strauss eine absolute "Indianerkennerin" ist, nur um mich nach dem Genuss von "MeeresBlau" zu fragen, ob sie zwischendurch Meeresbiologie studiert hat!
Britta Strauss mischt gekonnt Wissen, Mythologie, Erotik und Spannung in ihr neues Buch, das im SiebenVerlag erschienen ist. Die Autorin entführt den Leser in scheinbar unendliche Tiefen und verführt ihn dazu, das Buch nicht mehr aus der Hand legen zu wollen. Man wird von einem wahren Lesesog erfasst. Hier ein kleines Zitat daraus, das viel erklärt aber nichts über die weitere Handlung verrät: "Sie haben ihn nicht adoptiert, so wie sie es dir und ihm gern erzählen. Sie fanden ihn am Strand zwischen Tang und Muscheln. Vom ersten Augenblick wussten deine Eltern, dass er nicht zu den Menschen gehörte. Dass er ein Geschenk war. Eine Gabe des Ozeans ..."
Christopher Jacobsen, ein auf seine Umwelt äußerst attraktiv und anziehend wirkender Mann, arbeitet an der Universität von St. Andrews, Schottland, als Dozent für Meeresbiologie. Doch unverhofft wird er zurück nach Hause, auf die Isle of Skye gerufen. Grund hierfür ist der Tod seiner Eltern. Er gibt seine Stelle als Dozent auf, um sich besser um seine jüngere Schwester Jeanne kümmern zu können. Jeanne bemerkt die Veränderungen, die in Christopher vorgehen. Seine Sehnsucht, immer in Nähe des Meeres zu sein und sein Bewegungsdrang werden immer stärker. Jeannes Angst steigt gleichermaßen - die Angst, ihn an das Meer zu verlieren. Angst davor, dass er sich in etwas verwandelt, von dem ihr Großvater immer berichtet hat.
Maya Mawatha ist Leiterin des Instituts für Meeresbiologie auf Skye. Sie ist mehr als erstaunt und erfreut, als sich Christopher Jacobsen dazu entschließt, an einer Forschungsexpediton teilzunehmen, die sie an die Küste vor Chile führen wird. Denn Christopher ist fast so etwas wie ein enfant terrible unter den Meeresbiologen. Maya ist eine sehr ansprechende, unkonventionelle Heldin, fest verankert mit ihrer indianischen Wurzeln. Sie ist in ihrer Vergangenheit gefangen, tut jedoch alles, um in der Zukunft Halt zu finden. Dies äußert sich am Schluss auf wunderschöne, ausdrucksstarke traditionelle Art und Weise. Von Anfang an sieht sie in Christopher eine Art Geheimnis. Sei es sein außergewöhnliches Gehör, oder diese Augen, die Maya an den schimmernden Ozean selbst erinnern. Und seine lapidare Antwort darauf: "So waren sie schon immer." Die gegenseitige Anziehungskraft ist von Anfang an spürbar, die Nähe zueinander ein leidenschaftliches Bedürfnis.
Auf dem Forschungsschiff FS Astero fühlt sich Christopher immer unwohler in seiner Haut, die ihm zunehmend zu eng zu werden scheint. Einzig Maya und seine Schwester Jeanne sind seine Lichtblicke - und seine heimlichen Sprünge in die nächtlichen Tiefen des Meeres. Zu verlockend sind die Rufe der "Seinen" und die Freiheit, die ihm das Meer verspricht. Der Kampf, den Christopher mit sich selbst ausficht, der Wandel, der unausweichlich und ihm die Menschlichkeit zu rauben scheint, wird von der Autorin eindrucksvoll geschildert. Dabei kommt es zu dramatischen Ereignissen. Doch unaufhaltsam nähert sich Christopher und Maya einer schier ausweglosen Situation: Umgeben von anderen Wissenschaftlern, wird sein Geheimnis bald kein Geheimnis mehr sein ...
Geneigte LeserInnen, wenn Ihr Euch entschließen solltet, Britta Strauss "MeeresBlau" zu lesen, sollte Euch bewusst sein, dass die Autorin mit dieser Erzählung kein Junk Food abgegeben hat, über das man mal schnell darüber liest. Sie gewährt dem Leser vielmehr Einblick in die Natur des Meeres und seiner vielfältigen Geschöpfe. Britta Strauss konfrontiert den Leser auch mit den Schattenseiten: im Speziellen dem Raubbau der mit den Meeres-Ressourcen betrieben wird und die stetig weiter wachsende Verschmutzung der Meere. Sie hält uns, den Mitbewohnern dieses blauen Planeten, einen Spiegel vor. Doch nicht mit einem erhobenen Zeigefinger, sondern sehr gut verwoben in diese bild- und wortgewaltige Geschichte. Nachdem ich nun wieder aufgetaucht bin und Zeit zum Luft holen habe, vergebe ich "MeeresBlau" 5 Punkte und möchte mit einem weiteren Zitat aus dem Buch schließen: "Das Schicksal nimmt seinen Lauf, hättest Du wohl gesagt. Und ich glaube, so ist es."